Herzlich Willkommen im MÜK!

Willkommen im, bitte WAS? MÜK, der Medikamentenübergebrauchskopfschmerz, ein Wort so lang, dass es eigentlich verboten gehört. Und auch darüber hinaus ist diese Art von Kopfschmerz die wahrscheinlich zynischste Nebenwirkung, seit es Schmerzmittel gibt. Was es genau damit auf sich hat, möchte ich hier einmal erklären.

Ich schreibe diesen Beitrag schon zum zweiten Mal, weil er mir in der ersten Version zu oberlehrerhaft rübergekommen ist. Ich möchte hier informieren und aufklären, aber auch ein bisschen über meine eigenen Erfahrungen damit berichten.

Der MÜK ist ein Kopfschmerz, der sich bei übermäßigem Gebrauch von Schmerz- und/ oder Migränemitteln (also Triptanen) einstellt. Als “übermäßig” gilt alles über 10 Einnahmetagen im Monat an mehr als 3 Monaten in Folge. Wichtig ist zu beachten, dass nicht die Anzahl der Medikamente zählt, sondern die der Behandlungstage. Wer einmal aufmerksam den Beipackzettel irgendeines Schmerzmittels studiert, wird den Hinweis “dieses Medikament kann selber Kopfschmerzen erzeugen” auch finden. Trotzdem wissen die Meisten nichts darüber.

Die Angabe “10 Behandlungstage” ist natürlich so ein Wert, der sich für die meisten Personen als zutreffend erwiesen hat. Es gibt auch Menschen, die gar keinen MÜK bekommen oder umgekehrt, bei denen er schon früher entsteht.

Da ich (wie bei allem) auch hier die goldene Arschkarte gezogen habe, gehöre ich (man ahnt es schon) zu der Gruppe, bei denen schon bei 5 bis 6 Behandlungstagen Schluss ist. Diese Tatsache, in Kombination mit der sowieso chronischen Migräne, die mich mindestens 2x die Woche beschäftigt, ist natürlich ein ziemlicher Grund zur Verzweiflung und hat mir letztes Jahr gleich zweimal einen MÜK beschert. Beim ersten Mal aus Unwissenheit, beim zweiten Mal, weil ich es nicht glauben konnte, dass ich zu der Gruppe der “Überempfindlichen” gehöre. Immerhin bin ich mir jetzt aber ganz sicher.

Wie fühlt sich dieser spezielle Kopfschmerz nun also an? Es gibt wohl Unterschiede, ob der MÜK durch herkömmliche Schmerzmittel oder Triptane entsteht. Der MÜK von Schmerzmitteln (damit habe ich selber keine Erfahrung) soll einem Spannungskopfschmerz ähneln, der von Triptanen dem einer Migräne.

Ende Dezember stellte sich nach ca. 6 Wochen, in denen ich alle 3-4 Tage ein oder zwei Triptane genommen hatte (womit ich auf 8-9 Behandlungstage im Monat kam, also theoretisch voll im Rahmen), eine nicht enden wollende Serie von Migräneattacken ein. Dazu gesellten sich vermehrt Kopfschmerzen (die ich sonst kaum mal habe), die dann im Laufe des Tages auch wieder in Migräne übergingen. Überhaupt war die Schmerzintensität insgesamt höher als gewöhnlich, die Frequenz nahm immer weiter zu (bis zu der mehrwöchigen Serie) und das wichtigste, irgendwann kappten die Triptane nur noch die Schmerzspitzen oder es kam immer wieder zu kompletten Wirkausfällen. Mir ging es insgesamt immer schlechter und spätestens als ich Heiligabend mit Höllenschmerzen unterm Tannenbaum lag musste ich mir eingestehen, dass ich gerade keine besonders schlechte Phase, sondern (schon wieder!) einen MÜK hatte.

Um den MÜK aber loszuwerden, gibt es nur eine Möglichkeit und die heißt Schmerzmittelpause über vier (!) Wochen. Das ist natürlich an einem Punkt, wo man eh schon fix und fertig von den permanenten Schmerzen ist, ein ziemliches Drama.

Meine erste Pause fand im Sommer unter Betreuung in der schon mal erwähnten Naturheilkundeklinik statt. Im Januar habe ich die Pause mit “Starthilfe” durch Cortison zu Hause gemacht. Das Cortison wirkt bekannterweise entzündungshemmend und Migräne ist (mal runtergebrochen erklärt) eine Entzündung an den Blutgefäßen im Gehirn. Durch das Cortison lässt sich die Migräne also im besten Fall ganz unterdrücken oder zumindest in der Intensität drosseln (funktioniert aber wohl auch nicht bei jede*r). Zudem habe ich mit einem Mittel gegen Übelkeit, was mich zusätzlich sehr müde macht, mir die Attacken ein wenig erträglicher gemacht, indem ich so viel wie möglich geschlafen habe.

Es dauerte dann ziemlich genau 10 Tage, bis ich das erste Mal kurz ganz schmerzfrei war. Die Erleichterung nach 8 Wochen Dauerhämmern im Kopf war groß. Irgendwie habe ich mich dann auch noch durch die anderen 18 Tage gehangelt, in denen ich gezwungenermaßen dann sehr viel Zeit im Bett verbringen musste. Aber gut, das erste Triptan nach 4 Wochen habe ich mir an meinem Geburtstag gegönnt und es hat auch wieder vorbildlich gewirkt.

Zusammenfassend kann ich sagen, dass die Anzahl der starken Migräneattacken jetzt seit Anfang Februar weiter zurückgegangen ist. Spannungskopfschmerzen habe ich kaum noch. Ich halte mich strikt daran nicht mehr als einmal die Woche Triptane zu nehmen, auch wenn das bedeutet, dass ich an drei oder vier Tagen in der Woche nicht einsatzfähig bin, da ich dadurch nur jede zweite Attacke behandeln kann. Da ich aber weiterhin krankgeschrieben bin (bei der Frequenz logischerweise) muss ich auch nicht einsatzfähig sein. Das klingt jetzt natürlich noch immer nicht nach einem Grund die Korken knallen zu lassen, aber dass mir nur noch einmal die Woche der Kopf komplett wegfliegt und nicht dreimal, ist für mich durchaus schon eine Verbesserung.

 

Es folgt ein kurzer Serviceteil.

Falls sie als geneigte Leser*in sich noch weiter über die Entstehung des Medikamentenübergebrauchskopfschmerz informieren möchten, lässt sich hier noch einmal genauer darüber nachlesen (der Link führt auf die Seite der Kopfschmerzklinik Kiel, mit der ich in keinem Zusammenhang stehe, die ich aber für eine seröse Quelle halte).

Zusätzlich möchte ich davor warnen, eine Medikamentenpause ohne Rücksprache mit dem behandelnden Arzt durchzuführen. Bei einem Medikamentenübergebrauch über Monate oder Jahre, kann es zu massiven Absetzerscheinungen wie Kreislaufbeschwerden, Übelkeit und Erbrechen, Herzbeschwerden und starken Schmerzen kommen. Eine stationäre Betreuung ist oft nötig, um die Pause durchzuhalten. Please don´t try this at home!

Auch wenn ich hier meine eigenen Erfahrungen so salopp schildere, heißt das nicht, dass ich in den vier Wochen nicht zwischendurch an die Grenzen meiner Kräfte gekommen bin.

3 Kommentare bei „Herzlich Willkommen im MÜK!“

  1. Hallo Inga. Danke für deinen guten Blog. Migräne, ein Thema mit sovielen Facetten, wie es Betroffene gibt.

  2. Vielen Dank für die tollen Texte. Macht vieles auch für nicht Migräniker verständlich. Danke für die Einblicke.

    1. Hallo Andreas,
      das freut mich, dass es auch für “Nicht-Migräniker” interessant ist. Liebe Grüße!

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